Es gibt etwa vier Millionen Mitarbeiter in Deutschland, die eine leitende Position besetzen. Das bedeutet, dass etwa jeder siebte Arbeitnehmer Mitarbeiterverantwortung hat. Gerade für frischgebackene Führungskräfte birgt eine neue Position jede Menge Stolpersteine, insbesondere dann, wenn aus ehemaligen Kollegen plötzlich die eigenen Mitarbeiter werden.
Mitarbeiter anderer Hierarchiestufen blicken ebenfalls mit Argusaugen auf die Neue oder den Neuen und beobachten, wie diese/r mit den Herausforderungen der neuen Situation umgeht. Dabei sind es gerade die ersten Schritte in einer neuen Position, die bekanntlich am schwierigsten sind. Sie entscheiden letztlich schnell darüber, ob es mit der Rolle als neue Führungskraft funktioniert oder eher einem Fehlstart gleicht.
Man sagt, dass die ersten 100 Tage von besonderer Bedeutung für eine neue Führungskraft sind. Das stimmt ohne Zweifel, denn neben dem neuen Aufgaben- und Verantwortungsbereich müssen auch die Beziehungen zu den Mitarbeitern neu geklärt werden. Ebenso erwarten die neuen Vorgesetzten vom Stelleninhaber ein sicheres Führungsverhalten den Mitarbeitern gegenüber. Diese Führungskompetenz ist jedoch in der Regel das Ergebnis jahrelanger Erfahrung und so bewegen sich neue Führungskräfte zu Anfang in ihrer neuen Rolle meist auf ganz schön dünnem Eis. Das ist schon anspruchsvoll, denn meist sind nicht alle Mitarbeiter unvoreingenommen gegenüber dem neuen Stelleninhaber. Da gibt es einiges an Herausforderungen zu meistern.
In den allermeisten Fällen ist die Einarbeitungszeit für die neue Führungskraft gering, die Erwartungen der Umgebung dagegen hoch. Gut beraten ist, wer die folgenden Regeln kennt und beherzigt.
1. Erwartungen klären
Klären Sie gleich am Anfang, welche Erwartungen an den Stelleninhaber gerichtet sind. Wer nicht weiß, worauf es ankommt, kann nur alles falsch machen. Informieren Sie schnell auch ihre Mitarbeiter über Ihre Rolle. Versuchen Sie, Ihre Mitarbeiter mit ins Boot zu holen, indem sie versuchen, einen positiven Gesamteindruck zu erzeugen. Sie können etwas zu Ihrem Führungsstil sagen und wie Sie sich die Zusammenarbeit in der Zukunft vorstellen. Aber halten Sie sich zurück mit Versprechungen oder unklaren Aussagen zu Strategien oder Vorgehensweisen.
2. Halten Sie sich zurück
Sie haben die Position möglicherweise erhalten, weil sie fachlich sehr gut sind. Hüten Sie sich jetzt davor, für alles und jedes gleich eine Lösung bereitzuhalten und sie laut kundzutun. Ihre Kompetenz können Sie anders unter Beweis stellen. Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick, worauf es ankommt und wo die Prioritäten liegen. Binden Sie, gerade zu Beginn, ihre Mitarbeiter mit ein. Delegieren Sie viel an Ihre erfahrenen Mitarbeiter.
3. Geben Sie zunächst wenig Privates preis
Sie können davon ausgehen, dass Sie quasi – wie auf einer Bühne agierend – wahrgenommen werden. Was Sie tun, wie Sie es tun, was Sie reden: Alles wird genau registriert und interpretiert. Wenn Sie wollen, dass Sie an Ihrem Verhalten im Betrieb gemessen werden, dann berücksichtigen sie diese Regel.
4. Bleiben Sie offen, aber neutral
Gerade zu Anfang werden Ihnen Kooperationen von anderen Führungskräften angetragen. Solange Sie nicht wissen, wie die Kräfteverhältnisse im Betrieb sind und ob verschiedene Lager existieren, die einander nicht grün sind, sollten Sie offen, aber neutral bleiben. Wer weiß denn schon, ob eine zu frühe Verpflichtung nicht Chancen verbaut oder Türen verschließt, die Sie später nur mit viel Mühe wieder aufbekommen?
5. Investieren Sie in Beziehungsaufbau
Jede Führungskraft braucht loyale und engagierte Mitarbeiter. Diese bekommen Sie nur, wenn Sie ehrlich und glaubwürdig in Vertrauensaufbau investieren. Suchen Sie den aktiven Austausch mit Ihren Mitarbeitern. Wenn Sie eine Zusage machen, dann halten Sie sie auch ein. Die Beschäftigung mit dem Beziehungsaufbau ist gerade zu Anfang viel wichtiger, als sich schnell in die Sachthemen einzuarbeiten. Das kann später kommen.
6. Kommunizieren Sie aktiv und gut
Versuchen Sie zu verstehen, warum die „Dinge so gelaufen sind, wie sie laufen“. Fragen Sie viel. Hören Sie Ihren Mitarbeitern genau zu und versuchen Sie zu verstehen, was sie bewegt und welchen Beitrag sie zu leisten bereit sind. Hüten Sie sich vor negativen Kommentaren oder Bewertungen des Geleisteten, ebenso vor Äußerungen über Ihren Vorgänger. Eignen Sie sich eine positive Kommunikation an, ohne dabei zu übertreiben.
7. Praktizieren Sie einen wertschätzenden Mitarbeiterumgang
Wertschätzen Sie die Verdienste Ihrer Mitarbeiter und die Erfahrungen, besonders die der Älteren. Gerade diese tun sich mit Veränderungen schwerer, besonders wenn Sie als Vorgesetzter jünger sind. Viele ältere Mitarbeiter haben sich aufgrund ihrer Erfahrungen und ihres Wissens eine besondere Stellung unter den Kollegen erarbeitet. Mit dieser neuen Situation wird diese Stellung möglicherweise hinfällig, weil die Karten neu gemischt werden. Das bringt Unsicherheit und Widerstände mit sich. Es liegt maßgeblich an Ihnen, ob auch Mitarbeiter mit Ängsten oder Unsicherheiten den Platz finden, an dem sie am besten ihre Fähigkeiten und Erfahrungen für den Betrieb einbringen können.
8. Entwickeln Sie Ziele
Binden Sie Ihre Mitarbeiter mit ein, um die Ziele gemeinsam festzulegen. Der Zielfindungsprozess gewinnt so eine andere Anerkennung und qualitativ erreichen sie ein ganz anderes Niveau, wenn Sie die Erfahrungen Ihrer Mitarbeiter mit einfließen lassen. Versuchen Sie „das Beste aus beiden Welten zu kombinieren“.
9. Überfordern Sie sich nicht
Verzichten Sie darauf, zu große Schritte zu machen. Es erwartet niemand von Ihnen, dass Sie alles sofort verstehen oder jedes Problem gleich lösen werden. Werden Sie sich klar über Ihre Prioritäten und was Sie erreichen wollen. Verzichten Sie darauf, alle Themen auf einmal anzufassen. Bleiben Sie maßvoll, das garantiert Ihnen Erfolge, auf denen Sie anschließend selbstbewusst aufbauen können.
10. Seien Sie Sie selbst
Kopieren Sie niemanden, sondern entwickeln Sie Ihren eigenen Führungsstil. So bleiben sie authentisch. Sie werden am Anfang Fehler machen und möglicherweise die eine oder andere Entscheidung korrigieren müssen. Na und: Die Welt wird nicht untergehen, dann machen Sie es eben beim nächsten Mal besser. Führungskompetenz lässt sich nur entwickeln, indem man handelt, die Folgen erlebt und sich darüber weiterentwickelt.