Sucht man nach den wichtigsten Einflussgrößen für Unternehmenserfolg, stößt man unweigerlich auf den Faktor Unternehmenskultur. Schon in den 1970er und frühen 1980er Jahren verdichteten sich – auch unter dem Eindruck der weltweiten Wirtschaftskrisen – die Hinweise darauf, dass eine aktiv gelebte Unternehmenskultur der Schlüssel sein kann. Die Unternehmenskultur, einschließlich der vorgelebten Werte und Normen, trägt zu herausragenden Unternehmensergebnissen bei. Ein viel zitiertes Beispiel dafür sind die damals überaus erfolgreichen japanischen Konzerne wie Toyota und Sony mit ihrer einzigartigen Unternehmenskultur.
Wie Unternehmenskultur wirtschaftlichen Erfolg fördert
Was genau bewirkt eine Unternehmenskultur? Sinngemäß lässt sich Unternehmenskultur als eine mentale Landkarte beschreiben, an der sich das Denken, Handeln und Verhalten von Mitarbeitern und Führungskräften in einem Unternehmen ausrichtet.
Auf der Suche nach Erklärungsansätzen stellten Tom Peters und Robert Waterman 1982 ein Unternehmensmodell für wirtschaftlichen Erfolg vor. Dafür beschäftigten sie sich eingehend mit namhaften japanischen und amerikanischen Unternehmen und verglichen sie miteinander. Ihr 7-S Modell enthält neben drei „harten Faktoren“ zusätzlich vier weitere, sogenannte „weiche Faktoren“. Ein Faktor ist die Unternehmenskultur. Die beiden McKinsey-Berater stellten sich die Frage, warum manche Unternehmen, obwohl sie Ähnlichkeiten hinsichtlich Struktur, System und Strategie mit vergleichbaren Unternehmen aufwiesen, dennoch erfolgreicher als diese waren, und worin die Hauptgründe für den Erfolg lagen.
Gewinnfaktor Unternehmenskultur – empirische Belege
Der Wertschöpfungsbeitrag von Unternehmenskultur wurde seit Mitte der 1980er Jahre zum Gegenstand zahlreicher empirischer Studien. So stellten sich die Forscher zum Beispiel die Frage, inwieweit Kultur in Unternehmen durch Führungskräfte aktiv beeinflussbar ist. 1992 veröffentlichte John Kotter, der insbesondere mit seinen Arbeiten zum Veränderungsmanagement bekannt wurde, gemeinsam mit seinem Kollegen James Heskett bahnbrechende Erkenntnisse.
Die beiden Harvard-Professoren wiesen nach, dass Unternehmen mit einer ausgeprägten Unternehmenskultur ihren Unternehmensgewinn über einen Zeitraum von elf Jahren im Durchschnitt um 756 Prozent steigern konnten. Der Aktienpreis stieg sogar um 900 % und der Umsatz um 682 Prozent. Bei vergleichbaren 20 Unternehmen mit schwacher Unternehmenskultur stieg der Gewinn im gleichen Zeitraum um magere 1 % und der Aktienkurs um 76 %.
Ein zentrales Ergebnis war, dass bei den erfolgreichen Unternehmen die Unternehmenskultur vor allem auf die Kunden, die eigenen Mitarbeiter, die Führung und die Eigentümer ausgerichtet war.
Ein weiteres Ergebnis war, dass bei den erfolgreichen Unternehmen das Stressempfinden geringer, die Innovationsfähigkeit besser und das Engagement der Mitarbeiter stärker ausgeprägt waren. Vergleichbare, aber weniger erfolgreiche Unternehmen hatten im gleichen Zeitraum einen durchschnittlichen Gewinnzuwachs von gerade einem Prozent erzielt!
Es gab keine Unterschiede dahingehend, ob ein Unternehmen groß oder klein war oder von einem Fremdmanager bzw. den Inhabern geführt wurde.
Beispielhaft sei hier auf die 2015 veröffentlichte Bertelsmann-Studie „Neue Perspektiven zum nachhaltigen Erfolg durch Unternehmenskultur“ verwiesen. Über einen Untersuchungszeitraum von zehn Jahren kommt sie zu ähnlichen Ergebnissen wie die genannten Vorgänger. Die Fallstudien betreffen die Unternehmen BASF, B. Braun, BMW Group, Henkel, Hilti, ING-DiBa und Nestlé.
Die positiven Auswirkungen aus HR-Sicht
Die Identifizierung mit dem eigenen Unternehmen ist höher, wenn Beschäftigte sich mit den Werten und Normen des Unternehmens identifizieren können. Dieser Effekt betrifft Mitarbeiter und Führungskräfte gleichermaßen.
Finanziell zahlt sich dies für Unternehmen aus, indem:
- die Wechselbereitschaft und Fluktuation in andere Unternehmen stark abnimmt; insbesondere betrifft dies die Leistungsträger im Unternehmen
- die Identifizierung zu einer hohen Leistungsbereitschaft führt, die sich auf hohem Niveau stabilisiert
- die Kommunikation konstruktiver stattfindet – und damit deutlich weniger konfliktbelastet ist
- Veränderungen und strategische Veränderungsprojekte durch Mitarbeiter und Führungskräfte stärker mitgetragen und unterstützt werden
- der Innovationsgrad höher ist
- der Krankenstand abnimmt
Lücke zwischen Taten und Worten bei vielen Unternehmen
Eine Studie der Kienbaum Unternehmensberatung kam im Sommer 2009 zu dem Ergebnis, dass Vorstände, Personalleiter und Führungskräfte von 157 befragten Unternehmen einen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und wirtschaftlichem Erfolg bestätigen. Die Spannweite der befragten Unternehmen reichte vom DAX-Unternehmen bis zu mittelständischen Familienunternehmen.
Ein weiteres Ergebnis war, dass ein gemeinsames Leitbild, das vollständig oder überwiegend umgesetzt ist, nur in 34 Prozent der Unternehmen etabliert war. Dieses Teilergebnis ist insofern erstaunlich, da es zeigt, dass noch immer eine Lücke zwischen wohlmeinenden Worten und Absichten sowie handfesten Taten bei Vorgesetzten und Führungskräften in punkto Unternehmenskultur besteht.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Umsetzungsschwäche nach und nach verschwindet. Es sind die Vorgesetzten, die über die Befugnisse und Machtfülle dafür verfügen. Letztendlich werden die viel zitierten harten Fakten, nämlich die Höhe der erwirtschafteten Gewinne oder Verluste hoffentlich das ihrige dazu beitragen, um diese Lücke zu verringern.
Was Sie tun können: 10 Ansätze für eine gesunde Unternehmenskultur
Wir wissen nicht, wo Sie derzeit als Führungskraft im Unternehmen tätig sind, oder wie es um Ihr Unternehmen gerade bestellt ist. Dennoch finden Sie hier genügend Input, um aktiv zu werden. Die nachfolgenden Ansätze können Sie sinngemäß auf Ihre spezifische Situation im Unternehmen übertragen. Eine gute Unternehmenskultur zahlt sich in jedem Fall aus. Hier also die 10 empfohlenen Ansätze von DYNAMISCH FÜHREN:
- Holen Sie das Top-Management mit ins Boot, denn Sie benötigen deren sichtbare und kontinuierliche Unterstützung.
- Binden Sie so viele Führungskräfte wie möglich in Maßnahmen und Unternehmenskultur-Workshops ein. Machen Sie sie zu Unterstützern; sie sind die wichtigsten Bezugspersonen für Ihre Mitarbeiter.
- Veranstalten Sie informelle Treffen, bei denen Mitarbeiter und Führungskräfte in Kontakt und Austausch kommen.
- Nutzen Sie die Fähigkeiten und Kenntnisse der eigenen Mitarbeiter, und setzen Sie sie als Moderatoren/Tipp-Geber ein, um Hindernisse zu überwinden.
- Erfinden Sie sich neu, machen Sie Gewohntes auf ungewohnte Weise, ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter kalkulierte Risiken einzugehen und über ihre Erfahrungen, Fehler und Erfolge zu reden.
- Verändern Sie sichtbar Ihre Arbeitsumgebung zum Positiven (Elemente, Farben, Räume, Orte), fördern Sie den Austausch untereinander, arbeiten Sie mit allen Möglichkeiten, um Begegnungen und Austausch am Arbeitsplatz zu fördern.
- Experimentieren Sie mit flexiblen Arbeitsformen (Stichwort „agil“) jenseits starrer Hierarchien und Gewohnheiten.
- Kommunizieren Sie aktiver und reden Sie über das, was Sie tun wollen, was funktioniert hat, wie Sie Hindernisse angegangen sind und was Sie an Highlights erlebt haben.
- Versuchen Sie nicht, von Anfang an alles richtig zu machen. Wichtig ist, anzufangen und dann dran zu bleiben.
- Holen Sie sich externe Unterstützung ins Unternehmen. Den eigenen Leuten fehlt es mitunter an Glaubwürdigkeit oder Erfahrung, gerade wenn Mitarbeiter im Widerstand sind oder die Sinnfrage stellen.
Fazit
Eine im ganzen Unternehmen gelebte Unternehmenskultur entscheidet maßgeblich darüber, ob ein Unternehmen finanziell und wirtschaftlich erfolgreicher unter vergleichbaren Wettbewerbern agiert. Obwohl das seit über 30 Jahren bekannt ist, weisen viele Unternehmen immer noch erheblichen Umsetzungsbedarf auf, wenn es darum geht, die Unternehmenskultur als Erfolgsfaktor zu entwickeln.