Persönliche Resilienz ist eine zentrale Fähigkeit, um mit dem hohen Druck im Berufsleben gut zurechtzukommen. Dabei bedeutet Resilienz die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen und mit Herausforderungen produktiv umzugehen.
Der resilienteste Mensch der Welt
Wenn ich an resiliente Menschen denke, fällt mir als Erstes der britische Physiker Stephen Hawking ein. Im Alter von 21 Jahren wurde bei ihm Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert, eine unheilbare degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Die Ärzte gaben ihm maximal fünf Jahre zu leben. Wie vorhergesagt, verschlechterte sich sein Zustand rapide. Mit 26 Jahren war er an den Rollstuhl gefesselt, doch zur Verblüffung der Ärzte lebte er weiter. Auch als er 1985 nach einer schweren Lungenentzündung die Fähigkeit zu sprechen verlor und nur noch über einen Sprachcomputer kommunizieren konnte, setzte er seine Arbeit unverdrossen fort. Im Jahr 1988 erschien sein Weltbestseller „A brief history of time“, Deutsch: „Eine kurze Geschichte der Zeit“, mit dem er einem breiten Publikum bekannt wurde. Stephen Hawking starb 2018 als hoch geehrter, weltberühmter Mann im Alter von 76 Jahren, nachdem er wesentliche Beiträge zur Physik und Astrophysik geleistet hatte. Statt 5 Jahre lebte er nach der niederschmetternden ALS-Diagnose 50 Jahre – kein anderer Mensch hat so lange mit ALS gelebt, geschweige denn in der gesamten Zeit ähnliche wissenschaftliche Spitzenleistungen vollbracht.
Ist Resilienz lernbar?
Wie hat es Stephen Hawking geschafft, so unfassbar resilient zu sein? Und gibt es etwas, das wir „Normalsterbliche“ von diesem resilienten Genie lernen können?
Die gute Nachricht: Resilienz ist erlernbar. Zumindest ist das eine der zentralen Erkenntnisse der US-amerikanischen Psychologin Emmy Werner aus ihrer Langzeitforschung an Kindern der hawaiianischen Insel Kauaʻi, von denen ein Drittel trotz schwieriger Lebensverhältnisse zu lebenstüchtigen Erwachsenen heranwuchsen (Emmy E. Werner, The children of Kauai: Resiliency and recovery in adolescence and adulthood, Journal of Adolescent Health, volume 13, issue 4, 1992, p. 262-268). Und der Begründer der Positiven Psychologie, Martin Seligman, hat in seiner Arbeit mit dem US-Militär gezeigt, dass sich die mentale Resilienz von Soldaten systematisch steigern lässt (Martin E.P. Seligman: Building Resilience, Harvard Business Review, April 2011).
Resilienz-fördernde Einstellungen und Verhaltensweisen
Im Zentrum der persönlichen Resilienz steht die individuelle Einstellung im Umgang mit Schwierigkeiten und Hindernissen. Sehe ich mich als das hilflose Opfer meiner Gene und äußeren Umstände? Oder glaube ich auch in scheinbar ausweglosen Situationen noch, etwas bewirken zu können? Weniger resiliente Menschen haben oft destruktive Einstellungen und Überzeugungen, mit denen sie sich selbst im Weg stehen. Einige sind beispielsweise überzeugt, dass sie geborene Verlierer sind oder an belastenden äußeren Umständen nichts ändern können. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ihre Kontroll- und Einflussmöglichkeiten für sehr gering halten.
Menschen mit ausgeprägter Resilienz glauben hingegen daran, dass sie auch in schwierigen Situationen etwas Positives bewirken können. Sie verbindet, dass sie stets glauben, Kontroll- und Einflussmöglichkeiten über ihr Leben zu haben.
Durch folgende Verhaltensweisen kann jede und jeder positive Einstellungen fördern, die zu mehr Resilienz führen:
Sich eigene Stärken bewusst machen. Jeder von uns, selbst wer sich für schwach hält, überwindet regelmäßig Hindernisse und Schwierigkeiten. Vielen ist das oft nicht bewusst und sie unterschätzen ihre Fähigkeit, mit Schwierigkeiten gut umgehen zu können. Sich konkrete Situationen in Erinnerung zu rufen, in denen man Schwierigkeiten gemeistert hat, kann das Selbstvertrauen in die eigenen Möglichkeiten erhöhen.
Neugierig sein. Eine der großen Triebfedern von Stephen Hawking war seine Neugier. Wer wie Hawking die Geheimnisse des Universums ergründen will, verschwendet seine Energie und Aufmerksamkeit nicht an Selbstmitleid und Grübeleien über das ungerechte Schicksal.
Sich unangenehmen Situationen stellen. Ein verbreitetes Missverständnis über positives Denken ist, dass Menschen sich die Realität schön färben oder gleich ganz ignorieren. Das Gegenteil trifft zu: Resiliente Menschen sind sich der Schwierigkeiten bewusst und verlassen bewusst ihre Komfortzone, um sich ihnen zu stellen. Sie bringen den Mut dazu auf, weil sie sich ihrer Stärken bewusst sind und die Zuversicht besitzen, die Schwierigkeiten meistern zu können. Je öfter sie das tun und Schwierigkeiten meistern, desto größer wird ihr Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten.
Fazit
Die meisten von uns haben in Beruf und Alltag meist mit geringeren Schwierigkeiten zu kämpfen als Stephen Hawking, auch wenn manche das subjektiv anders empfinden mögen. Deswegen kann jede und jeder resilienter werden und dadurch Lebenszufriedenheit und Erfolg steigern.
Wer das ernsthaft möchte, kann durch Resilienz-fördernde Einstellungen und Verhaltensweisen soweit kommen, berufliche wie private Herausforderungen flexibel zu bewältigen, sowie Rückschläge produktiv zu verarbeiten. Familie, Freunde und Kollegen können dabei helfen und zum Resilienz-fördernden sozialen Faktor werden. Darüber hinaus kann es oft helfen, mit einem Coach an der Steigerung der eigenen Resilienz zu arbeiten.
Wie das Beispiel von Stephen Hawking zeigt, haben resiliente Menschen mehr vom Leben, denn sie lassen sich durch Rückschläge nicht aus der Bahn werfen. Manchmal kommen sie sogar gestärkt daraus hervor.