Es gibt wohl kaum eine Fachzeitung aus den Bereichen gute Unternehmensführung, Krisenbewältigung, Organisationsentwicklung und gesundes Unternehmenswachstum, die sich noch nicht ausführlich dem Thema Resilienz gewidmet hat. Besonders interessant ist dabei der Fokus auf die organisatorische Resilienz. Dafür gibt es viele gute Gründe. Der vielleicht wichtigste ist, dass Unternehmen, die über eine hohe organisatorische Resilienz verfügen, eine Fähigkeit aufweisen, die ihnen hilft, auch in einem komplexen und dynamischen Umfeld den Wandel vorauszusehen, zu überleben und zu wachsen.
Nach der Krise ist vor der Krise
An Krisen mangelt es wahrhaftig nicht. Ob Stagnation, Euro-Krise, Bankencrashs oder politische Verwerfungen, die z.T. massiven Auswirkungen auf die nationalen und globalen Wirtschafts- und Finanzsysteme sind zum Normalzustand geworden. Ist die eine Krise geschafft, droht bereits die nächste. Die Realität toppt schon lange schlimmste Vorahnungen. Es mag tatsächlich noch Unternehmenslenker und Führungskräfte geben, die glauben, eine großartige Unternehmensvergangenheit, die eigene Unternehmensgröße oder gar Wettbewerbsvorteile schützten ausreichend vor den Verwerfungen der Zukunft. Diese Haltung ist höchst gefährlich, denn leider sieht die Realität ganz anders aus. Es sind nicht die größten Unternehmen, oder die mit den ältesten Marken oder gar den hippsten Produkten, die am besten durch die Krisen kommen, sondern ein ganz anderer Typus von Unternehmen. Nämlich solche, die sich mit allen ihren Fähigkeiten und Kenntnissen – und das unabhängig von ihrer Größe und Vergangenheit – auf allen Organisationsebenen dafür einsetzen. Diese Unternehmen sind in einem hohen Maße agil, sie setzen sich kontinuierlich mit ihrer Zukunft aktiv auseinander, denken in Szenarien und tun einige Dinge höchst erfolgreich anders. Was genau machen nun diese Unternehmen?
So lässt sich Resilienz auf Unternehmensebene aufbauen
Eins vorweg: es gibt kein Patentrezept. Die Antwort liegt klar auf der Hand, denn Unternehmen, Marktbedingungen oder spezifische Besonderheiten sind einfach zu unterschiedlich. Doch halt, so kompliziert ist es auch wieder nicht. Resiliente Unternehmen weisen starke Gemeinsamkeiten auf. Allen vorweg ist dies die besondere Haltung, die kennzeichnend ist für die Führungs- und Mitarbeiterebene, und daraus resultierend einige wichtige Einflussfaktoren, von denen im Folgenden die Rede sein soll.
Die Strategie: Bedeutsam ist für resiliente Unternehmen, dass bestehende Strategien allen Führungskräften und Mitarbeitern bekannt sind und durch die entsprechenden Maßnahmen konsequent in die Umsetzung gelangen.
Beobachtung des eigenen Portfolios: Bestehende Sortimente und Aktivitäten werden kontinuierlich auf den Prüfstand gestellt, regelmäßig neu bewertet. Anschließend werden, sofern notwendig, Anpassungen und Umschichtungen der Sortimente und der dazu gehörenden Aktivitäten vorgenommen.
Marktumfeld-Bobachtung: Die relevanten Rahmenbedingungen werden in einem festgelegten Prozess und in regelmäßigen Abständen beobachtet und in Umwelt-Szenarien bewertet. Dies umfasst sowohl die Beschaffungs- wie auch die Absatz- und Kundenseite, und schließt alle wesentlichen Stakeholder mit ein.
Fokus auf die Mitarbeitenden: Ein besonderer Fokus gilt den derzeitigen und zukünftigen Mitarbeitern und Führungskräften. Es geht sowohl darum, Mitarbeitern und Führungskräften Möglichkeiten zu erschließen, ihre Fähigkeiten einzusetzen und kontinuierlich weiterzuentwickeln, als auch die besten zukünftigen Bewerber anzuziehen. Dafür bedarf es einer gelebten Unternehmenskultur, in der die Menschen gerne arbeiten und ihren Beitrag liefern möchten.
Die richtige Unternehmenskultur schaffen: Die Unternehmenskultur ist von zentraler Bedeutung. Sie regelmäßig zu hinterfragen und auf den Prüfstand zu stellen, kennzeichnet alle Unternehmen mit einer ausgeprägt guten Resilienz auf der Unternehmensebene. Was gibt es Schöneres in Unternehmen, wenn die Beschäftigten gerne ihren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele und zu einem produktiven und werteorientierten Miteinander leisten.
Die Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter und Führungskräfte ist bemerkenswert hoch und äußert sich durch kontinuierliche Erneuerung, neue Produkte oder neue Dienstleistungen. Die Voraussetzungen dafür finden sich ebenfalls in der Unternehmenskultur, die dazu ermuntert und die entsprechenden Rahmenbedingungen bereitstellt.
Offene Kommunikation und Austausch pflegen: Die Unternehmensleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter sind im ständigen Austausch und pflegen eine offene Kommunikation. Gemeinsame Ziele, Offenheit, Vertrauensvorschuss, der Blick für das große Ganze und Empowerment der Mitarbeiter werden gelebt und sind Teil der Unternehmenskultur.
Unnötigen Ballast über Bord werfen: Resiliente Unternehmen leisten sich keine komplexen Organisationsstrukturen, sie sind vielmehr durch flache Hierarchien, übersichtliche Prozesse und kurze Entscheidungswege gekennzeichnet. Das Streben nach übersichtlichen organisatorischen Strukturen führt dazu, dass Ballast, hinderliche Prozesse und Vorschriften konsequent abgebaut werden.
Fazit
In unserer heutigen Zeit, in der Veränderungen und Krisen zum alltäglichen Unternehmensgeschäft gehören, kommen Unternehmen nicht umhin, sich mit zukünftigen Entwicklungen zu beschäftigen. Erst die Beschäftigung mit der Zukunft, das Denken in Szenarien, die Investitionen in die Unternehmenskultur, der Abbau von Komplexität und einige weitere wichtige Einflussfaktoren, schaffen die Voraussetzung für starke Unternehmen.
Wichtig bei der Beschäftigung mit der Unternehmensresilienz ist dabei auch die Bereitschaft, gleichermaßen in die Resilienz von Mitarbeitern und organisationalen Einheiten, also Teams, Abteilungen und Bereichen, zu investieren. Unternehmensresilienz geht immer einher mit dem Aufbau von Resilienz der Mitarbeiter, sie sind untrennbar miteinander verbunden und bedingen sich selbst.